Von Andrea Zimmermann
Neustadt-Mussbach. Können am Instrument, Spaß am Musizieren, Witz und Wortakrobatik bewies Timm Beckmann an den Tasten, unterstützt von Gitarrist Markus Grieß bei seinem Kabarettkonzert „[’pro:c-dur] reloaded“ am Freitag im Herrenhof. Bei Klassik und Rock querfeldein, munter gemixt, virtuos gespielt und originell kommentiert, zog das Duo die rund 150 Besucher in seinen Bann und hatte drei Stunden lang die Lacher und begeisterten Applaus auf seiner Seite.
Mit einem Chopin-Walzer steigt Beckmann ein. „Chopin hat einen Bezug zu Neustadt, denn er hat lange im Panorama-Hotel an der Rezeption gearbeitet“, fabuliert er. Ehe die munteren Lektionen in Sachen Musikgeschichte fortgeführt werden, bieten Beckmann und Grieß ein originelles Medley. Klassische Motive gleiten nahtlos in Pop, Rock und Heavy-Metal über. Und beide sind stets in Bewegung: hier der Gitarrist, dessen Finger über alle Lagen des Griffbretts gleiten und der noch weiß, wie man früher „Luftgitarre “ spielte, dort der Pianist, der den fliegenden Wechsel vom Flügel zum Keyboard beherrscht, beides oft mit gleichzeitig mit je einer Hand spielt und dazwischen noch die Drum-Pads bedient.Auf Brahms’ Schlaflied „Guten Abend, gute Nacht“ basierten die „Sandman“-Versionen von Metallica und Rammstein: „Nach einem solchen Gutenachtsong für Ihre Kinder können Sie sich den Kabarettabend abschminken.“ Weiter geht es mit George Bizet, dem „Dieter Bohlen seiner Zeit“. In den „Carmen“-Titel schleicht sich immer wieder die Melodie des „La Paloma“ zur Erheiterung des Publikums ein. „Warum alles zusammenpasst? Alles nur geklaut“, weiß Beckmann. Der Fußball-EM-Song „Auf uns“ von Andreas Bourani könnte ebenso von Grönemeyer sein, verdeutlicht er als Jammerrocker. Zum Thema Fußball und Sport fällt den beiden Helene Fischer ein. „Das Problem ist nicht Helene, sondern die Leute, die sie hören“, kommentiert Beckmann. Pharrell Williams wird gnadenlos entlarvt, denn Melodie und Harmonik von „Happy“ stammten aus „Von den blauen Bergen kommen wir“ und „Rocking all over the World“ von Status Quo. „Pharell hat auch bei Mozart gewildert, in der Kleinen Nachtmusik und in der Zauberflöte“. Bei der Beweisführung tauscht Grieß die E-Gitarre mit der Ukule: „Der Name des Instruments ist nur ein anderes Wort für verstimmt!“Dann starten beide einen Rundumschlag in Sachen Nationalhymne. Spaniens Nationalhymne wird gespielt, das Publikum soll raten. Einer ruft die Lösung laut heraus. „Licht an! Wo sitzt der Klugscheißer? Kein Text, keine Flagge, das weiß ich auch!“, meckert Beckmann. Es folgt eine Parodie auf das Kaiserquartett von Haydn, der Ur-Form des Deutschlandliedes. „Der Kaiser Beckenbauer hat seine Finger wohl überall drin“, meint der Gitarrist. „Die Holländer singen bei der ihren nie mit – kein Wunder bei dem Text, der auf Wilhelm von Nassau gemünzt ist: ,Bin von deutschem Lande, von Deutschem Blut‘. Peinlich.“ Besonders für die französische Nationalhymne sollte es eine Alternative geben. „Wer will noch auf deutschem Boden gegen Frankreich Fußball spielen, wenn die singen ,Das unreine Blut tränke der Felder Furche, marschiert’!“. Beckmann und Grieß stimmen „Je t’aime“ als Alternative an, unterlegt mit einem stöhnenden „O Merkel, Merkel“, was ihrer Meinung nach besser zu Sarkozy als zu Präsident Hollande passt. Letztlich die Europahymne: „Alle Menschen werden Brüder, das Lied aus Beethovens Sinfonie, darf man derzeit in Europa nicht singen, das würde die Flüchtlinge depressiv stimmen“, merkt Beckmann provozierend an. Stattdessen intoniert er „The final countdown“ (Europe), „The show must go on“ (Queen) und Abbas „Money“, mit satirischen Texten unterlegt.
„Tanzen bewegt“ lautet der Abschluss des Programms: Verschiedene Epochen vom Radetzky-Marsch bis zum irischen Stepptanz werden gespielt und getanzt. Das „Titanic“-Filmende haben sie auf ihre Weise weitergesponnen, weil sie immer dann eingeschlafen sind, „wenn sich Leonardo im Wasser an die Tür klammert und ewig nicht stirbt“ – mit „Er gehört zu mir“, „SOS“, „Und der Haifisch…“, „Time to say Goodbye“ und „Spiel mit das Lied vom Tod“.
Standing Ovations nach dieser ersten von zwei Dreingaben voller Spielfreude und Witz.