Von Cosima Schade
Kuch zaubert keine Hasen aus Hüten und verwandelt kein Wasser in Wein. Ein Mentalmagier gibt vor, Gedanken zu lesen. Kuch ist darin Weltmeister. Trotzdem ist es ihm wichtig, die Zuschauer wissen zu lassen, dass alles „nur Show“ ist. Er kann keine Lottozahlen vorhersagen. Er kann nicht mit Toten sprechen. Wahrscheinlich kann er sogar nicht einmal wirklich Gedanken lesen. Dennoch spielt er mit dieser Aura. Kann er es vielleicht doch, indem er die Mikrokörpersprache liest? Damit würde er über ein beneidenswertes Wissen verfügen. Er könnte Lügner entlarven. Oder kann er „einfach“ super manipulieren? Aber dann würde man nur glauben, über einen freien Willen zu verfügen, läge aber völlig in den Händen von Menschen, die entsprechende Techniken beherrschen. Oder aber arbeitet er nur mit Wahrscheinlichkeiten? In Interviews sagte er, dass diese Wahrscheinlichkeiten für eine Show nicht ausreichten. Er könne ja keine Show gestalten mit nur 80 Prozent Treffsicherheit. Tatsächlich sitzen bei ihm 100 Prozent!
Die Zuschauer kommen aus dem Staunen nicht heraus
Beispiel: Zwei Personen aus dem Publikum stehen auf der Bühne. Nur mittels Visualisierung soll der Pin-Code übertragen werden, die Empfängerin soll dann die Zahlen auf einen Block schreiben. Kuch schnippt mit den Fingern, als würde er den „Geist der Zahl“ auf seinem Weg begleiten. Tatsächlich kommt am Ende die richtige Zahlenkombination des Kontoinhabers an. Unheimlich.
Anderes Beispiel: Vier Menschen aus dem Publikum haben auf der Bühne freie Platzwahl. Sie sollen dann aus fünf Umschlägen je einen auswählen. In einem sei der Hauptgewinn. Den übrig gebliebenen Umschlag bekomme der Mentalist. Ergebnis: der Hauptgewinn landet beim Künstler. Die Teilnehmer des Experiments haben nur farbige Kärtchen gezogen. Aber der Clou: Sie halten genau die Farbkarte in der Hand, die der Farbe der Lehne ihres Stuhls entspricht. Dabei hatten alle sowohl Sitzplatz als auch Umschlag frei gewählt, die Lehnen waren anfangs verdeckt, sind aber dauerhaft lackiert, und nicht etwa foliert.
Kuch bietet auch spannendes Infotainment
Während des Experiments „spielt“ der Zauberer mit Manipulationstechniken, wiederholt beispielsweise im Satz immer die Zahl vier, um vorzugeben, die Person dahingehend zu beeinflussen. Oder gibt der „Versuchsperson“ je einen Umschlag in jede Hand und drückt einen Arm kurz runter, um diesem Kuvert mehr „Gewicht“ zu verleihen. Alles bekannte Manipulationstechniken aus Verkäuferschulungen. Aber: Kuch macht das so offensichtlich, dass die Personen sich widersetzen – und dennoch stimmt am Ende das Ergebnis.
Zu seinen Experimenten fügt Kuch immer wieder Wissen ein, macht quasi Infotainment: So erklärt er den McGurk-Effekt: Eine Person im Video spricht „gaga“, die Tonspur gibt „baba“ wieder, die Hörer nehmen aber „dada“ wahr – weil das Hirn selbständig aus Hören und Sehen eine neue Realität erschafft. Als Beispiel zeigt der solches Framing: Er spielt bekannte Popsongs ab, zeigt dazu ein Textplakat mit „Oh Anneliese popel nicht“ – und tatsächlich glaubt man den Text zu hören, den die Augen sehen. Ein weiteres Wahrnehmungsphänomen ist der Graham-Rawlings-Effekt: Kuch hält ein Plakat mit Buchstabensalat hoch. Die Sätze kann man dennoch lesen, weil man – solange man den Begriffen vertraut ist – das Wort als Ganzes wahrnimmt.
Dass Kuch neben der Mentalmagie aber auch noch klassische Zauberei beherrscht, demonstriert er mit dem „Swallowing Needle-Trick“ ein Klassiker von Altmeister Harry Houdini: Er schluckt Nähnadeln und einen Faden. Dann räuspert er sich, und die Nadeln kommen als Kette am Faden raus.
Besser kann man keine Zaubershow machen. Die Zeit vergeht wie im Flug, und man kommt aus dem Staunen nicht heraus. „Was Sie heute erleben, ist nicht unmöglich, aber für Sie unwahrscheinlich unglaublich.“ Dieses Versprechen vom Anfang hat Kuch wahr gemacht.