Von Ute Gerst
Neustadt-MUSSBACH. „Mistcapala“ – auf hochdeutsch Mistgabel – stocherte am vergangenen Freitagabend im Festsaal des Mußbacher Herrenhofs vor einem großen Publikum, meist älteren Semesters, in Fernsehmarketing-Strategien und in amerikanischen Showformaten, ebenso in Urlaubsfreuden in Ferienanlagen und in Philosophien von Freizeitparks.
„Mistcapala“, das ist „ein Herrenquartett unterwegs“ mit dem neuen Programm „Wurst statt Käse“. So wurde zu Beginn gleich die Überalterung der Gesellschaft zum Thema gemacht: „Granufink statt Champagner“. Die Vier kommen aus Landsberg am Lech, der Kleinstadt, in der laut Umfrage des Magazins „Stern“ „die glücklichsten Menschen Deutschlands“ leben. Angesichts dessen, dass das Quartett vor Glück zu platzen scheint, wurde es auserkoren, dieses in die darbende Republik hinauszutragen. Herausgekommen ist ein Abend voller Lebensfreude, Humor, dem ein bisschen mehr Tiefgang unzweifelhaft nicht geschadet hätte, was aber durch die exzellent gespielte Musik und den vielstimmigen Gesang, irgendwo angesiedelt zwischen Barockklängen und Schlagern, zwischen tschechischer Kurkapelle und Rockklassikern wie „Queen“ wettgemacht worden ist.
Da wäre Armin Federl zu nennen, trotz sperrigen Akkordeons elegant in Hüftschwung und Moderation. Tom Hake – was er anfasst, wird zu Tönen – an Mandolinen, Drehleier und Dudelsack. Apropos Dudelsack: Köstlich, wie die vier Busreisenden mit ihren Instrumenten an einem Schweizer Grenzbeamten scheitern: Der beamtete Hüter will die vier Landsberger partout nicht unterm Schlagbaum durchlassen, ehe nicht bewiesen ist, dass es sich bei einem der zahlreich mitgeführten und als Musikinstrumente deklarierten Gegenstände keineswegs um einen Ziegenkadaver, sondern tatsächlich um einen unterfränkischen Dudelsack handelt. So kam der großmächtig quäkende Balg zu einem Auftritt.
Tobias Klug spielt virtuos mit Kontrabass und Stimmbändern und schreckt auch nicht davor zurück, als sächsischer Gigolo Perlen des Wiener Liedgutes zu intonieren. Last but not least wäre Vitus Fichtl zu erwähnen, der an Bassmandoline, Gitarre sowie diversen Rhythmusinstrumenten brilliert. Er zeigt Entschlossenheit im Nahkampf mit Briefkästen und Glühweinbecherpfandständen.
Aber der Höhepunkt war das Theremin, ein elektronisches Musikinstrument, das an die singende Säge, an Edgar Wallace-Filme oder an das Intro von „Star Wars“ erinnert. 1920 erfunden, wird es berührungslos gespielt und erzeugt die Töne dabei indirekt. Herrlich schräge experimentelle Musik, die durch Arm- und Handbewegungen wie von selbst aus dem Äther zu kommen scheint.
Doch Musik allein ist den vier Herren zu wenig, obwohl sie mühelos und multiinstrumental quer durch die Musikgenres kobolzen. Freche Texte, überraschende Erkenntnisse, skurrile Szenen kommen da zustande, wobei dem etwas mehr Feinsinn gut getan hätte. Dafür waren sie fetzig und verschroben, dabei leider nicht immer originell. Gassenhauer werden zur Kunst erhoben, der Aberwitz bricht sich Bahn.
„Mistcapala“ lässt sich in keine Schublade stecken. Es ist ein erfrischendes Ensemble, das eine Mischung aus Comedy, feinster Folk-Musik und guten kabarettistischen Ansätzen auf die Bühne bringt. Komme doch „Kabarett“ daher, weil man soviel „redd“ …
Vier Herren schöpften lustvoll aus Stilarten und Epochen. Heraus kam dabei eine ganz eigene Art musikalischen Humors – „Mistcapala“ eben. „Alles andere ist Käse!“