Von Regina Wilhelm
Neustadt-Mussbach. Ach, was sind sie garstig zueinander. Nur Frechheiten und Boshaftigkeiten werfen sich Emmi (Christoph Dompke) und ihr Gemahl Herr Willnowsky (Valentin Willnowsky) an den Kopf. Am Samstagabend war das Comedy-Duo zu Gast bei Kabarettissimo im Herrenhof in Mußbach. Die Zuschauer, die den Festsaal nicht ganz füllten, amüsierten sich köstlich und bedankten sich mit kräftigem Applaus für zwei Stunden urkomischen Rosenkriegs.
Nach 20 Jahren Ehe scheint das letzte Fünkchen Sympathie zwischen den beiden verloschen zu sein. Emmi im schwarzen langen Kleid und mit einem blumenbestückten Reif im blonden Haar betritt – ganz die Diva – die Bühne. Ihr folgt artig Herr Willnowsky im roten Jackett, in dunklem Hemd und ebensolcher Hose. Schon beginnen beide, ihr Feuerwerk der Widerwärtigkeiten und Beleidigungen abzuschießen. Originelle Gags wechseln sich mit dem einen oder anderen bekannten Witz ab. Im Kontext gesehen stört das nicht: Es passt eben.Wie im Pingpong-Spiel gehen die Angriffe hin und her. „Hat dir schon einmal jemand gesagt, dass du schöne Augen hast?“ „Nein.“ „Klar, es stimmt ja auch nicht.“ Oder: „In Willnowskys Klasse haben 78 Prozent den Abschluss nicht geschafft.“ „So viele waren wir gar nicht.“
Zusammengefunden hat das Paar über die berufliche Schiene. Sie, die Kammersängerin, brauchte einen Pianisten; er, aus der ehemaligen Sowjetunion eingereist, einen Job. Diese Verbindung mündet schließlich im Hafen der Ehe – der größte Fehler ihres jeweiligen Lebens, wie die zwei nicht müde werden zu betonen. Sie wünschen sich gegenseitig am liebsten den Tod. „Dann wäre ich frei“, singt Emmi einmal.
Nach einigen ersten Verbalinjurien begrüßt das Paar, „eine blöde Gans und ein Idiot“, das Publikum musikalisch. „Ich hoffe, ihr seid breit“, ruft Willnowsky den Zuschauern zu. Anders nämlich sei diese Vorstellung nicht zu ertragen. Und ja, er hat Recht. Mitunter greifen Willnowsky und Emmi schon tief in die Schublade. Eine Kaskade von sexistischen Begriffen, von Bezeichnungen für menschliche Ausscheidungen aller Art prasselt nur so auf den Zuschauer herab, häufig untermalt von seltsamen Grunzlauten. Manche Pointe muss der geneigte Zuhörer schon rasch mit einem Schluck Wein hinunterspülen, sonst bliebe sie im Mund hängen.
Die Gnade, in der ersten Reihe zu sitzen, erweist sich auch an diesem Abend einmal mehr als Ungnade. Da ist Christine, Dozentin für Pädagogik und Psychologie. „Sie macht mich richtig rattig“, sagt Willnowsky mit eindeutigem Gesichtsausdruck. Am Tisch nebenan sitzen Wolfgang, der als Umwelttechniker in Neustadt arbeitet, und seine Heidrun, wohnhaft in Deidesheim. „Neustadt soll also sauber bleiben“, sagt der Pianist ganz spontan in Richtung Wolfgang. „Da hätte meine Frau das Hotel eigentlich nicht verlassen dürfen.“
Emmi begibt sich auf die Suche nach einem jungen und hübschen Mann. Im kurzzeitig beleuchteten Saal fällt ihr Blick auf Robin, der ganz hinten sitzt. Nein, er komme nicht aus Haßloch, wehrt sich der junge Mann vehement gegen die übliche Unterstellung. Er sei aus Wiesental, zwischen Mannheim und Karlsruhe. Der 20-Jährige, der „die Eierschalen noch an den Ohren trägt“, wird im Laufe der Vorstellung noch öfter zitiert.
Zwischenhalt Jamaika. In bunter Mütze mit Rastalocken fetzt Willnowsky über die Bühne. „Don’t worry, die happy“, singen sich die Partner gegenseitig an. Später geben sie als Duo Chansons von Gilbert Bécaud, ein Potpourri von Udo Jürgens sowie Gassenhauer von Helene Fischer und Heinz Schenk zum Besten – natürlich alle mit umgedichteten, von Unverschämtheiten triefenden Texten. Zum Atemholen im Geschlechterkampf erfolgt mal ein Seitenhieb auf den amerikanischen Präsidenten Donald Trump, mal auf die rechte Pegida-Bewegung. Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier und die Air-Berlin-Pleite taugen nicht minder zum Minischwank.
Der vermeintliche Versöhnungsakt – Emmi erscheint als Nonne und bittet um Vergebung – verkehrt sich im umgedichteten Song aus „Sister Act“ ins Gegenteil. Nein, die beiden mögen sich einfach nicht mehr und sind doch aneinander gekettet, weil sie sich brauchen. „Emmi ist eine Supernonne. Warum? Weil auch ihre Mutter und Großmutter schon eine waren“, kommentiert Willnowsky hämisch. In Emmis selbstgeschriebenem, recht langen Märchen „Rotkäppchen und das Riesenkaninchen“ wird ihr widerwilliger Partner zum Mitmachen gezwungen. Die rote Zipfelmütze wirft er sofort von sich. Es hilft nichts. Die alternde Kammersängerin inszeniert die Geschichte bis zur eigenen Atemlosigkeit.
Gespielte Anekdoten und Witze, unterbrochen durch tolle Musik, die Willnowsky gekonnt am Flügel interpretiert, machen die kunterbunte Show aus. Kräftiger Applaus ist der Lohn, und ohne Zugaben darf das Duo nicht abtreten.