Herrlich zynisch

Stefan Waghubinger bei Kabarettissimo im Herrenhof

Von Claus Jürgen Holler

Neustadt-Mussbach. Eigentlich war sein Auftritt für November 2020 geplant, am Freitag nun kam Stefan Waghubinger endlich zum Zuge: Mit seinem Solo-Programm „Ich sag’s jetzt nur zu Ihnen“ eröffnete er das neue Kabarettissimo-Halbjahresprogramm im Herrenhof.

Als Bauunternehmer kann man auf dem Golfplatz schon Depressionen bekommen angesichts der vielen unbebauten Grundstücke in bester Lage – so nahm Waghubinger sein Publikum mit auf die Reise in die Gefühlswelt seines fiktiven Ichs, das schon als Kind gerne mit sich selbst Monopoly gespielt hat. Denn den Spruch „Geld ist nicht so wichtig“ müsse man sich erst einmal leisten können, ebenso wie die Weisheit, dass Glück nicht käuflich sein soll. Dass Geld seit jeher sehr wohl eine Menge bedeutet, beweise doch schon der Bau des Kölner Doms, der lediglich errichtet wurde, um die Gebeine der Heiligen Drei Könige angemessen zu vermarkten. Da brauche es schon hohe Decken – im Gegensatz zu Sozialwohnungen. 

„Ich bin schon auch für Kultur“, meint er später, aber beispielsweise mit dem Lesen sei es eben auch so eine Sache: Die Inhalte vergesse man ohnehin. Die Geschichte von Sisyphos zum Beispiel habe er deswegen gar nicht zu Ende gelesen, eine Abbildung von ihm aber ins Büro gehängt – als Motivation für seine Mitarbeiter.

„Armut, schön gemalt“, sagt er zu Spitzwegs Stadtansichten, die eigentlich Sanierungsfälle darstellten, um direkt auf seinen kaputten Mähroboter zu sprechen zu kommen. Der sei vom Sohn seines Nachbarn erschossen worden. „Immerhin hat der Junge Jagdinstinkt“, meint er zu dem Vegetarier. Denn sein Vater sei ein trinkender Staatsanwalt, der wegen des starken Zitterns auf Großwildjagd geht …

Dass es im Leben bisweilen Geduld erfordert, erläutert Waghubinger am Beispiel seines Gartenteichs: Den hätte er wegen geschützter Frösche nie direkt ans Grundstück seines Nachbarn verlegen dürfen und so habe er eben 50 Mal die Verlegung um jeweils einen Meter beantragt – jetzt aber quakten die Viecher in Richtung des Staatsanwalts. 

„Sie ist mit sich selbst unzufrieden, und das kann ich verstehen“, sagt er über seine Frau: Dreimal im Jahr mache er Urlaub, manchmal mit ihr gemeinsam, manchmal zur Erholung. Denn den Burn Out müsse man sich hart erarbeiten: Und anstelle einer Therapie genüge es, mit dem Porsche im ersten Gang auf Tempo 120 zu beschleunigen. Denn in Selbsthilfegruppen zahle man drauf: „Wenn da fünf Leute drinsitzen, muss ich ja viermal mehr zuhören, als ich selbst rede.“

So reiht der gebürtige Österreicher etliche misanthrope Anekdoten so munter aneinander, dass der Zuschauer völlig die Zeit vergisst: Bis zur Pause vergehen gefühlt lediglich 20 Minuten, und auch die zweite Hälfte braust wie im Flug vorbei. Da erfährt man dann zum Beispiel, dass die Welt eine andere wäre, wären Adam und Eva Chinesen gewesen („Die hätten die Schlange gegessen“), dass der Teppich länger hält, wenn man keine Gäste hat, und dass das Duschgel „Afrika“ heißt, weil kein Mensch wie Mecklenburg-Vorpommern riechen wolle.

Es sei ein gutes Gefühl, am Ende der Kaffeekette zu stehen, denn irgendjemand müsse die Bohnen ja ernten, gibt Waghubinger seinem Publikum auch noch mit – nicht politisch korrekt, aber große Klasse. Chapeau!

Quelle

AusgabeDie Rheinpfalz Mittelhaardter Rundschau – Nr. 212
DatumMontag, den 13. September 2021
Seite17