Von Regina Wilhelm
Den Auftakt bildet am Freitag, 22. September, Nessi Tausendschön. Wie immer an den Freitagsterminen beginnt die Show um 20.30 Uhr, Einlass ist wie üblich anderthalb Stunden früher, also ab 19 Uhr. „30 Jahre Zenit – Untertitel: Operation ,Goldene Nase’“ hat die Künstlerin ihr Programm überschrieben. Was sich dahinter wohl verbergen mag? Nessi Tausendschön feiert ihr Bühnenjubiläum. Klar. Sie wird zurückblicken auf die Höhepunkte ihrer Karriere und sicher einige ihrer erfolgreichen Beiträge zum Besten geben. Mit dem einen oder anderen hat sie schließlich renommierte Preise eingestrichen, darunter den Deutschen Kleinkunstpreis oder den Salzburger Stier. Nessi Tausendschön, die mittlerweile einen festen Platz bei verschiedenen Kabarettsendungen im Fernsehen hat, ist bereits mehrfach im Herrenhof gewesen, wie Kreitmann bestätigt. „Sie ist total schräg. Das mag ich“, sagt er lachend. Außerdem sei sie eine sehr gute Musikerin, spiele selbst Ukulele. Wenn sie nicht in die Saiten greift, begleitet sie ihr Kompagnon. „Nessi Tausendschön singt, moderiert, führt durch den Abend.“ Was „die Amüsierdame, Lustigkeitshure, Witzeprostituierte, Scherzkeksin oder Spaßkurtisane“ – so beschreibt sie sich selbst – zu bieten hat, davon möge sich jeder und jede am besten selbst ein Bild machen, findet Kreitmann. Seiner Erfahrung nach komme sie „mit ihrer etwas anderen Art“ beim Kabarettissimo-Publikum „sehr gut an“.
Ein wahrlich regelmäßiger Gast ist Philipp Weber. „Jedes seiner Programme hat er im Herrenhof gezeigt“, betont Uwe Kreitmann. Mit dem aktuellen – „Futter – streng verdaulich“ – sei der Künstler zwar schon eine Weile unterwegs, „jedoch noch nicht in der Region aufgetreten“. Er wird am Freitag, 13. Oktober, 20.30 Uhr, auf der Bühne des Herrenhofs erscheinen. Als studierter Biologe und Chemiker habe Weber „natürlich auch etwas zu dem recht aktuellen Thema Ernährung beizusteuern“. Da wirft er die Frage auf, ob der Konsument eigentlich weiß, was er im Supermarkt in seinen Einkaufswagen packt: Was ist denn drin in der ansprechend aussehenden Tütensuppe? Ein Blick auf das Kleingedruckte könnte heilsam sein. Dort warnt er davor, alles bestens zu finden, auf dem „bio“ steht. Denn so manche Öko-Gurke, die um den halben Globus gekarrt wird, weise eine eher fragwürdige Klimabilanz auf. „Philipp Weber ist gesellschaftskritisch und politisch unterwegs“, bekräftigt der Kabarettissimo-Chef. Ihm selbst gefallen speziell die „flotten Sprüche“ Webers; ein Grund ihn in der Rubrik „hochwertige Comedy“ einzusortieren. Gern erinnert sich Kreitmann an die ersten Auftritte Webers in Mußbach mit dem Ersten Deutschen Zwangsensemble. Dazu gehörten Claus von Wagner – „den werden wir aufgrund seiner Fernsehbekanntheit, insbesondere als Moderator der ,Anstalt’, kaum mehr hier begrüßen können“ – und Mathias Tretter. Und genau dieser ist der dritte Künstler in der Herbstreihe. Er wird am Samstag, 18. November, um 20 Uhr erwartet.
„Sittenstrolch“ hat Tretter – „Dauergast im Herrenhof“, wie Kreitmann schmunzelnd erklärt – seine kritisch-aktuelle Deutschland-Analyse überschrieben. Düster blickt der Künstler in die Zukunft, nein, auch schon in die Gegenwart. „Nicht mehr lange, und die Moral wird in Deutschland so gut bewacht wie bei den Chinesen“, ist er überzeugt. Aber nicht ein Diktator wie in China, sondern die „ehrenamtlichen Bedenkenträger“ würden hierzulande auf die Moral achten. Ergo: „Selten war ein Strolch so notwendig wie heute.“
Kreitmann schätzt vor allem Tretters „intellektuellen Humor“, wenngleich mitunter das Lachen im Halse steckenbleibe. Umso erfreuter zeigt er sich, dass der Kabarettist immer wieder kommt, trotz der ebenfalls steilen Karriere, die er zurückgelegt habe.
Das Jahr beschließt am Samstag, 2. Dezember, 20 Uhr, Marco Tschirpke. Passend zum Termin trägt das Programm den Titel „Kalender, deine Tage sind gezählt“. Freuen dürfe sich sein Publikum auf „einen musikalischen Jahresrückblick, gespickt mit schwarzem Humor“, kündigt Uwe Kreitmann an. Auch Tschirpke sei bereits zweimal im Herrenhof gewesen „und hat stets gut gefallen. Ja, die Leute mögen ihn“. Als bemerkenswert bezeichnet Kreitmann „die Entwicklung, die der Künstler genommen hat“. Das sei einfach schön zu beobachten. Auf witzige Art werfe Tschirpke einen Blick auf die politischen Ereignisse, nicht ohne sie auf satirisch-humoristische Weise zu kommentieren. Mit Klavier oder Ukulele begleite er seine selbst geschriebenen Texte.
Die Veranstaltungen laufen laut Kreitmann in bewährter Weise. Die Eintrittspreise, die zu Jahresbeginn leicht erhöht wurden, bleiben unverändert, liegen zwischen 24 und 25 Euro plus Vorverkaufsgebühr. Knapp 200 Plätze stehen zur Verfügung, wovon derzeit 85 von Abonnenten belegt sind. Nach wie vor gibt es im Vorfeld Kleinigkeiten zum Essen und „edle Weine von ausgesuchten Mußbacher Weingütern“.
Nach Stand, sagt Kreitmann, bleibe es bei zweimal vier Kabarett-Abenden im Jahr. Das sei für ihn wie auch seine ehrenamtlichen Mitstreiter einfach entspannter. Da der Herrenhof über keine Klimaanlage verfüge, werde es in den Sommermonaten richtig warm im Festsaal. „Das ist weder für den Künstler noch für das Publikum angenehm.“ Hinzu kommen die zahlreichen Veranstaltungen in der Umgebung – obendrein zusätzliche Lärmquellen. Die lange Sommerpause, ist er überzeugt, tue allen gut.
INFO
Karten für alle vier Veranstaltungen sind erhältlich bei Tabak Weiss, Hauptstraße 61, Neustadt, Telefon 06321 2942, online bei Eventim sowie unter www.kabarettissimo.de/tickets und an der Abendkasse.
Quelle
Ausgabe | Die Rheinpfalz Mittelhaardter Rundschau – Nr. 183 |
Datum | Mittwoch, den 9. August 2023 |
Seite | 13 |
Von Birgit Karg
Grün, Türkis, Blau und dezenter Glitzer: In meeresfarbenen eleganten Hosenanzügen, perfekt geschminkt und onduliert, betreten die vier die Bühne und lasen mit „Wir sind wieder hier, noch immer crazy und ganz schön schräg“ ihr kabarettistisches Manifest verlauten. Auch in ihrem fünften Programm „Das wird ja immer schöner“ präsentieren die Damen ihren typischen Mix aus dreistimmigem Satzgesang, grandiosen Solonummern, schrillen Sketchen und satirischem Witz, das Ganze gewürzt mit einer ordentlichen Portion Lebensweisheit und Selbstironie.
Doch erstmal gibt’s einen Abgesang auf die Pandemie: Frei nach Petula Clarks „Downtown“ heißt das bei den Schönen „Lockdown, Homeoffice und Verzicht, Lockdown, Abstand und Maskenpflicht.“ Ein Sketch über die Verwerfungen der digitalen Welt mündet in den Zeitgeist-Song „Egal, scheißegal“, passend ergänzt vom Running Gag des Abends, einem roten Büchlein, aus dem das Quartett immer wieder Chat-Nachrichten von Fans und fragwürdige Ergüsse aus Facebook & Co. zitiert. Das ist Realsatire vom Feinsten.
Ermittlungen im „Mordfall Hohes C“
Es sei Zeit, die Filmwelt aufzumischen, meinen die „Schönen Mannheims“ und verlegen den Tatort kurzerhand von Ludwigshafen in die Quadratestadt. Und so ermitteln Kommissarin Krämer von der Kripo Käfertal und Assistentin Back den Abend über gleich mehrmals im „Mordfall Hohes C“, Stefanie Titus gibt die (quicklebendige) Leiche am Klavier, und Opernsängerin Smaida Platais alias Viktoria, die Jodelschnepfe von der Vogelstang, wird als Mörderin entlarvt.
Zwischen Klamauk und Dramatik hat jede Schöne ihre großen Solo-Momente auf der Bühne. Die blonde Finnin Smaida Platais gibt die exaltierte Diva, singt von Selbstermächtigung und Heldinnentum („Ich weiß was ich will“) und haut – stimmgewaltig und mit Saftflasche – ihr „Hohes C“ raus. Anna Krämer philosophiert mit dem Song „Rise Up“ über „Wellen und Dellen“ des weiblichen Körpers und das Auf und Ab im Leben und setzt mit einem Medley auf Joy Flemings Brücken-Songs Maßstäbe. Susanne Back plädiert in „Ich weiß, wie Leben geht“, einfühlsam für ein Leben jenseits von Google & Co. Mit der Überlebensbotschaft „Komm, mach dir keinen Kopf“ in dreistimmigem Satzgesang geht es in die Pause.
Musikalisch kabarettistisch geben die „Schönen Mannheims“ danach Einblicke in ihr Künstlerleben, singen von Autobahn-Staus und Stress vor dem ersten Auftritt („Footloose – „Es geht los“) und bürsten die Pandemie-Erzählung im Stil der Weihnachtsgeschichte gegen den Strich. Mit großen Stimmen, frechen Schnauzen und umwerfender Bühnenpräsenz rocken die Damen die Herrenhof-Bühne und ernten völlig zu Recht stürmischen Applaus dafür. Wunderbar bissig erzählen sie von drohenden Grilleinladungen, Freizeitstress am Wochenende und werfen sich mit süßer Stimme auch schon mal kultivierte Gemeinheiten an den Kopf.
„My Way“ erst in „Google“- Deutsch und dann gegendert
Vielfach ausgezeichnet, zuletzt 2022 mit dem Comedy-Preis der Stadt Freudenstadt, sind die „Schönen Mannheims“ längst eine Klasse für sich – virtuose Vollblutsängerinnen und unerschrockene Erzkomödiantinnen in Personalunion, die es sogar mit der KI aufnehmen. Und so zelebrierten die vier Multitalente den Welthit „My Way“ gleich doppelt: Einmal nach dem französischen Original (Sinatra hatte „nur“ gecovert) und im Wortlaut der deutschen Google-Übersetzung und dann noch mal in der ultimativen Gender-Version. Und schlussendlich machten sie auch vor „Queen“ nicht Halt. Da wird „Bohemian Rhapsody“ zum Abgesang auf den perfekten Body: „Corona war dran schuld, der Kühlschrank ruft.“
Mit ihrem ersten gemeinsamen Lied „Merci, Merci, Merci“, einem abgründigen Pseudo-Lovesong, verabschiedeten sich die „Schönen“ von ihrem begeisterten Publikum, das auf zwölf weitere Jahre mit den Künstlerinnen hoffen darf.
Quelle
Ausgabe | Die Rheinpfalz Mittelhaardter Rundschau – Nr. 117 |
Datum | Montag, den 22. Mai 2023 |
Seite | 19 |